Quantcast
Channel: sbb – SBB Stories.
Viewing all articles
Browse latest Browse all 121

«Es ist nicht unsere Aufgabe, politische Werbung moralisch zu beurteilen.»

$
0
0

In den Social Media ist der Entscheid der SBB, das Hakenkreuz-Plakat in Bahnhöfen zu stoppen, äusserst kritisch aufgenommen worden. Vier Fragen an SBB Chef Andreas Meyer. Er nimmt die Kritik sehr ernst.

Andreas Meyer, CEO SBB AG

Andreas Meyer, CEO SBB AG

Andreas Meyer, bereuen Sie nach der heftigen Kritik den Entscheid für den Stopp des Plakats mit Hakenkreuz-Symbol?
Wir waren uns bewusst, dass der Stopp des Plakats mit Hakenkreuz-Symbol eine drastische Massnahme ist. Das hat zu teilweise empörter Kritik geführt. Das ist verständlich, zumal der Entscheid so kurz vor der Abstimmung gefällt werden musste. Leider ist dadurch der Eindruck entstanden, die SBB sei moralische Instanz und ergreife Partei für die eine oder andere Seite. Das tut mir leid und war nicht unsere Absicht.

Warum hat die SBB dennoch den Plakatstopp verfügt?
In den emotionalen Diskussionen geht oft vergessen: Die SBB ist nicht Absender von politischer Werbung. Doch wir müssen politische Werbung in Bahnhöfen dulden, auch provokative. Das hat das Bundesgericht im Juli 2012 so entschieden. Es ist somit nicht an der SBB zu bewerten, was stossend ist und was nicht. Solange politische Werbung nicht gegen geltendes Recht verstösst, haben wir keinen Spielraum. Das Hakenkreuz als Symbol der grauenhaftesten Verbrechen des Nationalsozialismus hat unseres Erachtens jedoch die Grenze des Bundesgerichtsentscheides überschritten. Am Ende müssen Gerichte entscheiden, ob das richtig oder falsch war. Wir haben grosses Interesse daran, dass diesbezüglich Klarheit geschaffen wird.

Verstehen Sie die Kritik, dass auch andere Plakate Gefühle verletzen? Ihnen wird ja Doppelmoral und Zensur vorgeworfen.
Das ist absolut verständlich. Ich kann die Kritik – übrigens von beiden Seiten – gut nachvollziehen. Wichtig ist: Der Stopp des Hakenkreuz-Symbols darf nicht so verstanden werden, dass die SBB deswegen andere umstrittene Sujets gut findet. Es ist tatsächlich nicht unsere Aufgabe, politische Werbung moralisch zu beurteilen. Wir verstehen, dass mit dem Entscheid in der heissen Abstimmungsphase dieser Eindruck entstanden ist. Das bedaure ich. Und er zeigt, wie heikel diese Gratwanderung für die SBB ist, bei der mir persönlich zunehmend unwohl ist. Ich würde es begrüssen wenn Urheber generell auf herabwürdigende Plakate in Bahnhöfen verzichten würden. Das wäre ein Zeichen des Respekts gegenüber Bahnkunden, Mitarbeitenden und auch Touristen, die in der Schweiz ankommen.

Welche Lehren ziehen Sie aus dieser Geschichte?
Wir haben die Heftigkeit der Reaktionen unterschätzt. Sie zeigen deutlich: Die heutige Situation ist für viele unserer Kunden unbefriedigend. Es sind nun verschiedene juristische Verfahren angestossen, die hoffentlich zu einer Klärung beitragen. Dies wird allerdings sicher einige Zeit in Anspruch nehmen.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 121